Ferien auf Alcatraz

Erster Eindruck aus der Reha …

Die haben hier sogar Internet. Ne, keinen Läptop-Anschluß in der Zelle im Zimmer, so leger wird das nicht gehandhabt. Ein kontrollierter Zugang für 200 Internierte …

Ich wohn im Flur 1, Trakt Nord-West, Zelle 169. Die Wärter hier sind freundlich, keine lauten Unhöflichkeiten. Die meisten lächeln, wenn man sie was fragt. Ob sie bewaffnet sind, kann ich nicht erkennen, und wenn, dann ist es unauffällig. Sie wissen alle, daß niemand fliehen kann. Selbst wenn die Absicht dazu bestünde. Daher können die sich auch die laut ausgesprochene Zusage Fühlen Sie sich wie ein freier Mensch leisten.

Wie kommt es soweit? Diese, nennen wir es mal Anstalt, liegt weit oberhalb der Stadt, einsamer Berg, Zufahrt mitm Auto möglich, aber wer kann hier schon Auto fahren? Das nähere Umfeld kann jeder, der zwei Gehstöcke besitzt, innerhalb längstens einer halben Stunde erkundigen. Fertig. Ende des Aktionsradius erreicht. Es gibt sogar eine Bushalte in der Nähe, die soll einen in die Freiheit bringen können, aber vielleicht ist es auch nur ein Fake für die Alzheimer-Patienten, die nach zehn Minuten Warten wieder vergessen haben, wohin sie wollten. So pendelt man einige Male hin und her und ums Haus rum, um sich dann wieder in der eigenen Zelle was zum Lesen zu suchen. Und an der Anmeldung vorbeihumpelnd lächelt das Personal erneut. Spätestens jetz ist klar weshalb.

Das eigene Bein hängt wie ein Schiffsanker am Hintern und hält mich vom Laufen ab; gelegentlich kommt der Wunsch auf, es irgendwo in ner Ecke abzustellen, und dann davonzurennen. Aber es ist ja seit drei Wochen fest angeschraubt, und an die Schrauben kann ich nicht ran … Den Rest Unbeweglichkeit erledigen die immer noch völlig ungewohnten drei Mahlzeiten Vollkost am Tag. Die schaffen jeden. Die werden dann im Gemeinschafts-Speisesaal verabreicht, wo man sich gegenseitig von der Suppe bis zum Nachtisch erzählt, welche Extremitäten wann amputiert worden sind. Und für ganz die Unentwegten gibt es noch die Cafeteria, wo man sich zu leise plätschernder SWR4 Mukke aus den 70’ern von Katja Ebstein und Peter Alexander trifft, um sich bei übelstem Kaffee mit der besuchenden Verwandschaft zu treffen.

Langsam schleicht sich die Erkenntnis von hinten an, daß die geplanten drei Wochen ziemlich lang werden könnten bei diesen Aussichten. Aber noch hab ich ja nur einen ersten Eindruck hinter mir und ne Woche mit lauter hilfreichen Anwendungen vor mir. Also laß ich mich mal nicht entmutigen. Kann nur besser werden.

Bis bald.