Abschied

Schlosserei entfernen

Fast auf den Tag genau 21 Monate lang hat mich eine Dynamische Hüftschraube [DHS] begleitet. Auf dem Rad, beim Wandern, Joggen, aufm Klo und sowieso überall war sie dabei. Die war nämlich seit dem 4. Mai 2008 fest am oberen Ende des rechten Oberschenkelknochens [Femur] angeschraubt und war damit zwar näher als jedes Piercing, aber doch unerreichbar zum Anfassen. Sogar ertasten ließ sich das Ding trotz seiner Größe kaum.

Die DHS hat den beim Radunfall abgebrochenen Gelenkkopf des Knochens mit dem unteren Teil verbunden und in Position gehalten, bis die Einzelteile wieder zusammengewachsen waren und damit dieser Stabilisierung nicht mehr bedurften. Nach Rücksprache mit meinem Chirurgen und Begutachtung diverser Röntgenaufnahmen durfte das Blech dann wieder an die Luft raus. Termin erste Februarwoche 2010.

Das ist ein relativ kleiner Eingriff – hieß es. Naja, für den Doc, der sonst fast täglich künstliche Hüftgelenke montiert schon. Ich wollt mich also mal überraschen lassen und war froh das Blech loswerden zu können. Nach freundlicher Beratung in der Klinik hab ich mich für eine Spinalanästhesie anstelle von Vollnarkose entschieden, davon sollte man hinterher nicht so Schädelweh und Kotzgefühl bekommen. Das ist tatsächlich eine tolle Sache, weil nur die untere Körperhälfte stillgelegt wird, quasi wie Zahnarztspritze. Den Rest des Geschehens kriegt man komplett mit und kann nebenbei noch mit der netten Anästhesistin flirten. Nur dem Chirurg bei der Arbeit zugucken darf man nicht.

So ein Chirurg kennt ja keine Hindernisse, wenn er irgendwo ran will. Skalpelle, Haken, Scheren, ruckzuck in wenigen Minuten ist alles Überflüssige wie Fett und Muskeln beiseite gezogen und er an seinem Ziel [meiner DHS] angelangt. Nach Entfernung der kleinen Schrauben macht er sich an die großen Teile ran, die so richtig schön vom Knochen umwachsen waren. Auch dafür gibts passendes Gerät wie Hämmer, Meißel und was weiß ich. Grobschlosserei ist das. Nebenbei gibt er auch noch Auskünfte, beantwortet Fragen und lächelt einen freundlich durch die blutverspritzte Brille an. Nach knapp einer Stunde ist der Spuk vorbei, die Blechteile bekomm ich in einer Plastiktüte in die Hand gedrückt und Abtransport aufs Zimmer.

Das war ja einfacher als erwartet. Einzig die paar Stunden andauernde Teilnarkose sorgt danach im Bett für ein beklemmendes Gefühl, weil sich auch bei Willensanstrengung nicht der kleinste Zeh bewegen läßt.

Der anstrengende Teil im Krankenhaus fängt für mich leider erst nach der OP an.

Beobachtungen (1)

Krankensport

Läuft man mühsam mit Hilfe zweier Gehkrücken durch die Stadt, gehört man sofort zu einer anderen Spezies. Man rückt unversehens und ohne weiteres Zutun in den Fokus der anderen Vierfüßler, die sich auf ähnliche Weise fortbewegen, sei es mit Stöcken, Rollator oder anderem Gerät. Schon beim Herannahen sind die suchenden Blicke von Gleichgearteten zu spüren. Beim Näherkommen scheint der Wartende sein Plädoyer für die eigene Lage zurecht zu rücken, um die Verbaloffensive  im passenden Moment starten zu können: Knie oder Hüfte?

Es gibt nur eine Fluchtmöglichkeit, um der kompletten Krankengeschichte zu entkommen: rechtzeitig die Straßenseite wechseln oder unerwartet in eine Seitenstrasse abbiegen.

Ich bin dann mal zurück …

Fünf Tage Krankenhausaufenthalt, selbst lang geplant und bestens vorbereitet, überleben nur die Stärksten, so fühlt sichs momentan an. Dabei sind fünf Tage ja fast nichts. Mit dem gefühlten bischen Restvitalität hab ich jetzt erstmal Wochenende. Puh!

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